Kann mein autistisches Kind mich lieben?

Können Autisten Lieben?


Eins möchte ich direkt klarstellen. Die meisten Autisten sind genauso in der Lage zu Lieben wie neurotypische Menschen und genauso sehr sehnen sie sich nach Liebe. Das Problem ist nicht eine fehlende Sehnsucht, sondern die Kommunikation.

Ist ein Mensch wirklich nicht in der Lage zu Lieben, gibt es Diagnosen die mit in den Autismus hinein spielen. Soziopathie, Psychopathie, Narzissmus, sind ebenso Diagnosen mit einer gestörten Empathiefähigkeit und gerade die ersten Beiden sind für die Unfähigkeit zu Lieben verantwortlich.

Ich habe bisher keinen Autisten kennengelernt, der nicht fähig zu Mitgefühl & Liebe war. Die Wahrnehmung und Interpretation der Welt weicht einfach nur von dem ab, was die Gesellschaft als angemessen definiert hat.

 

Das Problem ist nicht die Fähigkeit zu Lieben, sondern die Kommunikation.

 

Als ich klein war, verstand ich das Konzept der Liebe nicht. Bis ich etwa 5 Jahre alt war, gelang es mir nicht wirklich, Liebe zu begreifen und eine Beziehung aufzubauen, die mir dieses Gefühl vermitteln konnte.

Ich erinnere mich daran, dass etwa ab dem 7 Lebensjahr mein Bewusstsein für Liebe entstand. In dem Alter bekam ich eine ungefähre Vorstellung, was Liebe sein könnte. Allerdings war ich sehr verwirrt von den Aussagen diverser erwachsenen Personen. Die Definitionen von Liebe schienen mir doch sehr voneinander abzuweichen und ich stieg nicht so wirklich dahinter. Aber ich wusste ganz klar, diese bedingungslose Zuneigung und Akzeptanz, die wünschte ich mir und wollte ich auch geben. Leider gelang es mir nicht, meine Sehnsucht nach Aussen zutragen. Ebenso gelang es mir nicht, die Liebe meiner Eltern zu erkennen. Vielleicht könnte man es mit Farbenblindheit vergleichen. Liebe war eine Farbe, welche für mich kaum zu begreifen war.

Wie entwickelte ich mich ?

Je Älter ich wurde, umso mehr erfuhr ich über die Liebe und ihr Konzept. Immer grösser wurde die Sehnsucht nach ihr, aber ich fand niemand, dessen Sprache ich verstanden hätte oder der mich verstand. Erst mit Anfang 20 erkannte ich die Liebe meiner Eltern. Ich brauchte wirklich sage und schriebe zwanzig lange Jahre, um zu verstehen, wie ihre Liebe sich äusserte. Und etwa gleich lang um in ersten kleinen Schritten, meine eigenen Gefühle dahingehend zu verbalisieren. Es dauerte noch einmal 5-10 Jahre bis ich lernte, die Verletzungen in dieser Hinsicht zu erkennen, zu verbalisieren und loszulassen.

Obwohl es so aussah, als bräuchte ich meine Eltern nicht und obwohl ich sie immer wieder von mir weg stiess oder ihnen vermittelte das ich sie nicht liebe, sehnte ich mich nach ihrer Liebe. Dieser Punkt war einer der grössten Schmerz-Situationen unseres gemeinsamen Lebens.

 

Wenn ihr also Eltern eines autistischen Kindes seid, geht bitte davon aus das euer Kind lieben und geliebt werden möchte. Nur weil ihr es vielleicht nicht direkt erkennen könnt, heisst es nicht, dass es nicht so ist.

 

Junge im Dunkeln schaut durch ein Loch ins Helle.

Die wichtige Frage ist jetzt, wie geht man damit um?

Ich habe mir lange darüber Gedanken gemacht, wie man einem Kind das Konzept der Liebe nahe bringen könnte, und bin auf 5 wesentliche Punkte gestossen.

  1. Klärt in der Familie das Konzept der Liebe ab, damit alle Pi mal Daumen dasselbe dazu sagen, um das Kind nicht zu verwirren.
  2. Sprecht mit eurem Kind darüber. Schaut ein Buch oder einen Film an und redet über die Beziehungen die darin vorkommen. Erklärt ihnen die Liebe, dass es verschiedene Formen gibt und wie sie sich zeigen. Erklärt eurem Kind, warum jemand z.B gerade verletzt ist oder wieso jemand dies oder jenes sagte. Verbalisiert die Welt der Gefühle für euer autistisches Kind, damit es lernt, sie zu erkennen.
  3. Verbalisiert eure eigenen Gefühle regelmässig. Setzt euch zusammen und redet mit dem Kind darüber, was euch gerade verletzt oder sehr gut gefallen hat. Erklärt ihm eure eigenen Beziehungen innerhalb der Familie und was sie für euch bedeuten.
  4. Spielt Beziehungen nach, sei es mit einem Puppenhaus, Lego, Malen oder Basteln. Überlegt euch spielerisch Beziehungskonstrukte und agiert zusammen darin. Lasst z.B ein Ehepaar in dem Spiel streiten und einer sagt verletzende Dinge. Danach besprecht mit dem Kind, was die andere Person jetzt fühlen könnte und warum die eine Person das wohl gesagt hat. So lernt euer Nachwuchs mögliche Ursachen und ihre Wirkung kennen.
  5. Wenn euer Kind selber ablehnt oder auf Ablehnung stößt, redet zu einem späteren Zeitpunkt darüber, damit es lernt, sein Verhalten und die Wirkung davon zu verstehen oder ggf. nicht so hart über andere zu Urteilen.

 

Beachte:

Selbstverständlich sollte man sein Kind nicht überladen mit derlei Aktionen. Setzt sie sinnvoll und bewusst ein und überfordert das Kind nicht damit. Solche Einheiten sollten kurz und ohne Zwang geübt und keinesfalls erzwungen werde.

Noch etwas zum Schluss:
Die Akzeptanz körperlicher Nähe hat absolut keine Verbindung zur Fähigkeit zu Lieben.
Dies sind zwei völlig unterschiedliche Aspekte und ich kann nur dazu aufrufen, den Wunsch des Kindes zu respektieren. Zeigen sie ihre Liebe, falls erwünscht, ohne Körperkontakt und halten sie Andere dazu an, dies ebenfalls zu tun. Für viele Autisten kommt das Abgeknutsche und Umarmen einem körperlichen Übergriff gleich und fördert keinesfalls die Zuneigung.

 

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